Satellitentelemetrische Untersuchungen an adulten deutschen Fischadlern (Pandion haliaetus)

Bernd-U. Meyburg, Dietrich Roepke, Christiane Meyburg & Andreas Baß


Abstract

Im Zeitraum 1995 bis 2011 wurden von uns im Rahmen dieser laufenden Untersuchung 28 Fischadler mit Satelliten-Sendern (PTTs) markiert (25 in Mecklenburg-Vorpommern, 3 in Brandenburg), bis auf einen immat. Vogel alles adulte Tiere. Der Fang erfolgte mittels der Dho-Gaza-Methode, wobei lebende Seeadler als Lockvögel am erfolgreichsten waren (s. Abb. 4 und 5). Nur wenige Individuen zeigten Ihnen gegenüber keine Aggressivität und ließen sich nicht fangen. Ein bereits im Vorjahr gefangenes Weibchen attackierte den Seeadler jedoch erst, als sein Männchen markiert und das Netz entfernt wurde. Die meisten Vögel brüteten auf Mittelspannungsmasten, einige auch auf Bäumen. Sie konnten bis zu fünf Jahre lang telemetriert werden. Einige Fischadler wurden wiedergefangen und teils entsendert und teils umbesendert. Seit 2006 wurden 17 Sender mit GPS-Ortung eingesetzt, die auch Daten zu Flughöhen, -richtung und –geschwindigkeit übermittelten. Aufgrund der genauen Ortungen und der übrigen Daten lassen sich viele Rückschlüsse auf das Verhalten in den Brut- und Überwinterungsgebieten ziehen. Ausgewertet werden hier nur Daten dieser GPS-Sender. Ergebnisse Die Fischadler konnten bis zu fünf Jahre lang telemetriert werden. Seit Einsatz von Sendern mit Solarbetrieb (1996) erhielten wir von den meisten Tieren jeweils hunderte oder sogar tausende Ortungen. In keinem Falle konnte festgestellt werden, dass ein Adler einen Sender verlor oder entfernte. Lediglich bei einem Sender ging wenige Monate nach der Markierung des Vogels die Antenne verloren. Ob es sich um einen Konstruktionsmangel handelte oder das Tier die Antenne entfernt hatte, konnte nach Wiederfang nicht festgestellt werden. Verhalten im Brutgebiet Bei den Tieren mit GPS-Sendern konnten genaue Daten zu den Aktionsräumen etc. gewonnen werden. Ein 18-jähriges Männchen (PTT 06982) z.B., welches 11 km östlich der Müritz (M-V) Junge aufzog, entfernte sich zur Nahrungssuche bis zu 16 km vom Horst. Sein Aktionsraum umfasste 102 qkm. Das dazugehörige Weibchen (PTT 64613) hatte ein viel kleineres home range (28,5 qkm), und es entfernte sich nur bis zu 5,4 km vom Nest. Bei diesem Männchen wurden im Brutgebiet Flughöhen bis zu 745 m ü. NN und Fluggeschwindigkeiten bis zu 68 km/h ermittelt. Wie auch bereits bei Schreiadlern festgestellt wurde, entfernten sich einzelne Fischadler-Weibchen am Ende der Fortpflanzungsperiode bis zu 60 km von ihren Horsten und Jungen und besuchten fremde Nester, kehrten dann aber jeweils wieder zurück. Ein Weibchen in Brandenburg siedelte sich um und brütete in der Schorfheide auf einem alten, seit langem verlassenen Horstbaum, wo ein neues Nest errichtet wurde, 40 km vom vorjährigen Brutplatz entfernt, der von einem neuen Weibchen besetzt wurde. Ein Weibchen in Mecklenburg, welches mehrere Jahre lang auf einem Mast gebrütet hatte, verpaarte sich mit einem anderen Männchen auf einem Baumhorst, als sein altes Männchen im Frühjahr nicht zurückkehrte. Zug und Überwinterung Die Weibchen verließen stets mehrere Wochen vor den Männchen im August die Brutgebiete (s. Tabelle), wobei sie in vielen Fällen im Gegensatz zu den Männchen schon in Mitteleuropa längere Zeit rasteten. Die Männchen versorgten die Jungadler bis zu deren Abzug mit Nahrung. Drei Männchen überwinterten in Portugal (s. Abb. 7) und Spanien, alle anderen Tiere in Westafrika. Die Überwinterungsgebiete der Männchen und Weibchen einzelner Paare lagen bis auf einen Fall in Westafrika weit voneinander entfernt. Die Männchen zogen insgesamt etwas weiter nach Westen als die Weibchen (s. Abb. 3). Der Zug erfolgte überwiegend über Frankreich und Spanien. Ein großer Teil der Fischadler flog jedoch nicht bis zur Meerenge von Gibraltar, sondern überquerte das Mittelmeer vom Kap Gata östlich von Almeria (Andalusien, Spanien) aus zum Kap Viejo (Marokko) (s. Abb. 5), eine bisher wohl unbekannte Route, die z.B. auch von einem jungen Schreiadler eingeschlagen wurde. Einzelne Tiere zogen auch über die Alpen und das Mittelmeer. Bei der Mittelmeerüberquerung übernachteten die meisten Fischadler einmal auf einer der Inseln. Ein Weibchen überflog im Herbst von Südfrankreich aus diese ökologische Barriere in drei aufeinanderfolgenden Jahren non-stop bis Algerien, davon in zwei Fällen über Nacht (s. Abb. 8). Der längste Non-stop-Flug ging von Bayern aus (1.582 km in 28 Stunden, durchschnittlich 56,5 km/h). Im Frühjahr konnte zwei mal die Non-stop-Überquerung des Mittelmeeres dieses Vogels von Tunesien aus nach Mittel-Italien dokumentiert werden. Dabei wurden 2008 1.434 km in 31 Stunden zurückgelegt (durchschn. 46,3 km/h). Das erwähnte 18-jährige Männchen 06982 wurde auf dem Zug in Höhen bis zu 1.864 m ü. NN (1.107 m über Grund), das Weibchen bis zu 1.932 m ü. NN (1.100 m über Grund geortet). Die maximal festgestellten Fluggeschwindigkeiten bei diesem Paar betrugen 90 bzw. 84 km/h. Das Weibchen überquerte das Mittelmeer auf einer 150 km langen Strecke von Almeria (Spanien) aus mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 37,4 km/h. Es flog dabei nur knapp über dem Meeresspiegel, wahrscheinlich hatte es Gegenwind (s. Abb. 5). Die jeweils erste dokumentierte Herbst-Zugstrecke von 15 Fischadern mit GPS-Sendern betrug im Mittel 5.090 km (4.648 km bei 7 Männchen, 5.426 km bei 8 Weibchen). Bei der Überwinterung in Westafrika wurde eine hohe Mortalität durch menschliche Verfolgung (Abschuss) festgestellt.